Ich mag schockierende Thriller. Solche, die genau so gleich morgen geschehen könnten. Timo Leibig hat in seinem neuen Buch ein sehr interessantes Setting gewählt, dass in wenigen Jahren tatsächlich passieren könnte.
Deutschland 2028: Die Bevölkerung ist hörig. Dank Nanoteilchen in Lebensmitteln und im Trinkwasser glauben die Menschen alles, was ihnen die Regierungspartei weismacht. Nur wenige sind »free«, also resistent gegen die manipulativen Nanos – und sammeln sich im Untergrund zu einer Rebellion. Unter ihnen befindet sich der entflohene Sträfling Malek, ein Mann, der nur ein Ziel hat: überleben. Und wer wie er nichts zu verlieren hat, den kümmert auch kein Freiheitskampf – wäre da nicht jenes Versprechen, das er seinem besten Freund auf dem Totenbett gab …
Gerade, muss ich an die typische Frage in Bewerbungsgesprächen denken: „Wo sehen Sie sich in 10 Jahren?“ Als willenloser Sklave des Regierenden. Das würde keiner antworten, auch im Buch nicht. Die Forschung hat allerdings genau das bewirkt. Während eigentlich Ziel war übermäßige Angst beim Menschen auf ein gesundes Maß zu reduzieren, entdeckte man eine Möglichkeit Menschen zu formbaren „Puppen“ zu machen.
Genmanipuliertes Essen gibt es heute bereits. Im Buch sind sie alle mit abhängig machenden Stoffen versetzt. Wer sie einmal gegessen hat, kommt nicht mehr von ihnen los. Nebeneffekt: Mit jeder Mahlzeit werden auch Nanos aufgenommen, welche die Botschaft der Regierungspartei übertragen und so jeden Menschen geschickt manipulieren. Da mit der Zeit alle das gleiche essen, dauert es natürlich nicht lang, bis man vom unbedeutenden Politiker zum Regierungschef aufsteigen kann.
Die Parallelen zu Realität aber auch zur Geschichte sind enorm. Im Buch werden Menschen, die eine Resistenz gegen die Nanos zeigen, gefangen genommen und in Lager abgeschoben. Auschwitz grüßt versteckt hinter der nächsten Ecke.
Das Dumme mit dem Glück ist, dass man es erst bemerkt, wenn es vorüber ist.
S. 33
Malek gehört zu den wenigen Menschen, die von Geburt an „free“ sind. Während seiner Zeit im Gefängnis ist es nicht aufgefallen, doch draußen wird es schnell offensichtlich. Glücklicherweise trifft er per Zufall auf die Richtigen und schließt sich ihrem Kampf gegen die Unterdrückung an. Er ist ein sehr starker Charakter, ebenso wie Maria – die Schwester seines Partners.
Der Thriller lebt von diesen beiden Figuren. Sie waren für mich mit am beeindruckendsten, da sich beide jeden Tag auf ihre Weise Herausforderungen und Gefahren stellen müssen. Die Sicht der Konfessoren ist im Vergleich dazu kaum überraschend und eher so, wie man sie sich vorstellen würde. Interessant ist hier jedoch der unterschwellige Zweifel, der trotz aller Manipulation vorhanden ist.
Er hatte sie nur eines kurzen Blickes gewürdigt, und der war so voller Verachtung gewesen, als läge dort der Abschaum vom Abschaum vom Abschaum.
S. 103
Hervorzuheben ist auch der Schreibstil Leibigs. Bereits nach dem ersten Kapitel war ich das erste Mal schockiert, ja fast schon etwas abgestoßen. Der Stil ist absolut packend und manchmal vielleicht einen Tick zu bildlich. Dadurch wurde ich als Leser jedoch direkt ins Geschehen gesogen und musste zwingend weiterlesen – trotz der teils harten Darstellungen. „Nanos – Sie bestimmen, was du denkst“ ist zweifellos ein Pageturner und ein absolutes Muss für jeden Thriller-Fan in diesem Jahr.