In guten wie in schlechten Tagen

Ich gebe zu, der Titel klingt wie von einem Bollywood Film. Tatsächlich gibt es auch einen der so ähnlich heißt. Glücklicherweise haben Buch und Film aber nichts miteinander zu tun. Hier geht es um Roy und Celestrial, ein junges Ehepaar, das schon in den Anfängen ihrer Ehe mit großen Herausforderungen kämpfen muss.

Eine junge Frau und ein junger Mann verlieben sich. Celestrial steht vor Ihrem Durchbruch als Künstlerin; Roy ist ein erfolgreicher Handelsvertreter, auf dem besten Weg, Karriere zu machen. Celestrial und Roy beschließen das, das Leben gemeinsam zu meistern. Sie heiraten.

Ihre Liebe ist wahr und die Zukunft eine große Verheißung. Doch dann trifft sie wie aus dem Nichts ein Urteilsspruch, der Roy für Jahre ins Gefängnis bringt. Die beiden beschließen, sich nicht auseinanderbringen zu lassen und die schwere Zeit zu überwinden. Aber sie müssen erkennen, dass das Leben sie mit einem unlösbaren Rätsel auf die Probe stellt: Wie kann Liebe so groß, so wahr – und doch so zerbrechlich sein?

Klingt etwas kitschig? Nun ist es eigentlich aber gar nicht. Tayari Jones hat einen interessanten Schreibstil. Er ist sehr nüchtern, fast schon distanziert. Das verschafft dem Leser einen guten Überblick über das Geschehen – leider aber auch zum Leidwesen der emotionalen Verbindung zu den Charakteren.

„In guten wie in schlechtenTagen“ ist ein Roman der Zeit braucht. Ich habe hier nicht mit dem Lesen begonnen und war *zack* mittendrin im Geschehen. Ich fühlte mich zunächst wie eine Fremde, ein unsichtbarer Geist, der das Geschehen beobachtet. Durch die fehlende Verbindung zog sich der Anfang etwas, doch ich blieb am Ball. Irgendetwas zwischen den Zeilen hatte trotz allem meine Neugier geweckt.

Meine Mutter hatte mich vor meiner Heirat gewarnt, dass Roy und ich aus unterschiedlichen Wirklichkeiten kamen. Sie sagte, dass ich ihm permanent würde versichern müssen, dass wir „ins gleiche Joch gespannt“ waren.

Zitat S. 42

Celestrial und Roy stammen aus vollständig verschiedenen Welten. Dies erkannte ihre Mutter bereits vor der Hochzeit. Trotz dieser Unterschiede sind sie glücklich, vielleicht auch gerade deswegen? Dennoch führen gerade diese Unterschiede aber auch zu Streitigkeiten. Selbst Nichtigkeiten können hier zu Eskalationen führen. Das ist nicht unbedingt ungewöhnlich, geht es uns doch allen irgendwann so. In einer „frischen“ Ehe empfand ich es dennoch als merkwürdig, fast schon zwanghaft herbeigeführt. Tatsächlich konnte ich Roys Seite hier gut nachvollziehen, da ich bis jetzt nicht richtig verstanden habe worüber sich Celestrial aufgeregt hat. Da der große Streit für die eigentliche Handlung allerdings unwichtig ist, kann das allenfalls als Randkritik verstanden werden.

Inhaltlich ist „In guten wie in schlechten Tagen“ ein drei Abschnitte unterteilt: „Brückenmusik“, „Bereite einen Tisch für mich“ und „Großmut“. In einzelne Kapitel ist es nur bedingt unterteilt, die Sichtweisen wechseln jedoch zwischen Roy, Celestrial und schließlich auch Andre (ein enger Freund) hin und her. Die Sichtwechsel ermöglichten mir einen umfassenderen Blick auf die jeweilige Situation. Da die jeweiligen Abschnitte immer mit dem zugehörigen Namen versehen sind, findet man sich auch gut zurecht. Etwas schwieriger waren die immer wieder auftauchenden Wechsel der Zeitebene. Diese Sprünge waren nur durch einen neuen Absatz gekennzeichnet, mitten im Geschehen und einem sich gerade entwickelnden Gedanken. Zunächst fühlte ich mich zwar unterbrochen, doch noch während des Abschnitts zeigte sich, dass diese Eindrücke zum besseren ‚Verstehen‘ hilfreich waren. Trotz allem hätte man das aber etwas eleganter lösen können.

Fazit

Ihr merkt schon, diese Rezension ist nicht unbedingt einfach. Nachdem sich gefühlt oben Kritik an Kritik reiht, musste ich einmal einen Strich ziehen um euch auch die positiven Seiten des Romans zu zeigen. Der gesamte Roman „In guten wie in schlechten Zeiten“ dreht sich um die Liebe, ihre Herausforderungen aber auch ihre Möglichkeiten. Roys und Celestrials Situation kommt dabei sicherlich einem Extrem gleich, welches nur sehr schwer nachzufühlen ist.

Tayari Jones hat einen Roman geschaffen, dessen Verlauf dem der Liebe nicht gänzlich unähnlich ist. Die rosige Zeit zu Beginn, alles ist wunderbar, romantisch und mit Rosenblättern durchzogen. Irgendwann wird es allerdings schwierig und es kommt darauf an, was wir daraus machen. Tja und das Ende? Für das sind wir alle selbst verantwortlich. Was haben wir gelernt? Was wünschen wir uns? Was wollten wir vielleicht erreichen? Diese Doppeldeutigkeit erschließt sich tatsächlich erst nach dem Lesen. Auch wenn mir die emotionale Verbindung zu Roy und Celestrial klar zu kurz kam, muss ich doch sagen, dass ich ihre jeweilige Entwicklung gern verfolgt habe. Sie sind in den Jahren ihrer Ehe gewachsen. Durch die Haftstrafe leider nicht gemeinsam, aber sie haben sich beide auf ihre Weise weiter entwickelt. Die Frage bleibt also nur: Können sich zwei Menschen auch dann noch lieben, wenn sich jeder für sich verändert hat?

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