Staat X – Wir haben die Macht!

Das Cover eindringlich, der Titel Fragen aufwerfend. Aber genau so funktioniert es. Ich habe das Cover gesehen und schon begann die Überlegung. Worum ging. Wer hat wo die Macht, Es klingt etwas nach Dystopie und deswegen war mein Interesse vermutlich auch direkt geweckt. Aber Vorsicht! Es ist keine Dystopie. Nein weit gefehlt. Der Klappentext gibt Aufschluss.

Zwei Jahre lang haben die Schüler auf STAAT X, das große Schulprojekt, hingearbeitet. Jetzt werden die Türen geschlossen. Die Lehrer ziehen sich zurück. Wer bekommt die begehrten Posten in der Politik, in der Justiz und in der Wirtschaft?

Adrian, Melina, Vincent und Lara freuen sich darauf, ihre Rollen einzunehmen, jeder von ihnen mit einer ganz eigenen Sicht auf STAAT X. Doch schon bald beginnt es, hinter den Kulissen zu brodeln: Wer hat die wahre Macht über die Geschäfte und Unternehmen? Wer wagt es, die Grenzen zu überschreiten? Als einige Schüler merken, wie leicht die Kontrollinstanzen zu umgehen sind, nimmt eine bedrohliche Kettenreaktion ihre Lauf..

Die Idee klingt spannend, wenn auch nicht unbedingt neu. Wer von euch muss auch direkt an die Schullektüre denken? Der Klappentext ruft unweigerlich gedankliche Parallelen zum Buch „Die Welle“ hervor auch wenn Hintergrund sowie Ziel des Experiments hier anders sind.

„Es geht darum einen richtigen Staat nachzustellen, und unsere Gemeinschaft ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Jeder Einzelne von euch ist ein Baustein unserer Gesellschaft…“

Zitat S. 74

Der Einstieg in die Handlung ist einfach. Der Startschuss zu STAAT X steht kurz bevor und der Leser bekommt die wichtigsten Figuren kurz vorgestellt. Die Perspektive wechselt hier immer mal, doch das stört den Lesefluss nicht weiter. Stattdessen erhält man so einen differenzierten Blick auf das Geschehen – was sich später noch als echter Pluspunkt erweist. Fast scheint es als hätte Carolin Wahl hier einige Klischees aufgegriffen. Es gibt natürlich den ultra-beliebten Schüler, der von den Mädchen umschwärmt ist und innerlich doch einfach nur ein gebrochener Jugendlicher ist. Es gibt die klassische Neue, die es nicht anders gewohnt ist, da ihre Eltern ständig umziehen. Es gibt die Streber und eben auch die Außenseiter. Sie alle haben feste Rollen, aus denen sie in STAAT X zumindest teilweise ausbrechen wollen.

Als besonderes Schmankerl für das Leserherz gibt es natürlich auch zwei Buchfanatikerinnen, die ein kleines Büchercafé im STAAT X eröffnen. Ihre Diskussionen sind dabei tatsächlich etwas klischeehaft, denn wir alle haben sie garantiert bereits mindestens einmal geführt. Ich muss sagen, das ist auch das einzige Klischee im Buch, das mich innerlich etwas hat aufstöhnen lassen während ich alle anderen hingenommen habe. Vielleicht war es einfach ein Tüpfelchen zu viel auf dem „i“? Wer weiß. Dem Gesamteindruck des Buches hat dies glücklicherweise keinen Abbruch getan, denn Carolin Wahl weiß, wie sie ihre Leser packen muss.

„Zornig dreschte er auf seinen Spind ein. […] So lange, bis er eine wareme Flüssigkeit auf seinem Handrücken spürte. […] So lange, bis er nicht mehr sein Vater war.“

Zitat S. 134

Das hat sie mit ihrem Stil auch bereits nach wenigen Seiten geschafft. Die verschiedenen Perspektiven fördern die Spannung und lassen den Leser noch tiefer ins Geschehen eintauchen. Schon bald zeigen sich die ersten dunklen Geheimnisse und leider auch, wie man die Konsequenzen umgehen kann – scheinbar. Wahl zieht hier die dunkelsten Punkte unserer Gesellschaft ans Licht. Sie zeigt was passiert, was passieren könnte oder von dem manche vielleicht wünschten, dass es so wäre. Es ist erstaunlich mit welcher Mühelosigkeit die Autorin die teils sehr ernsten Themen hinter STAAT X an den Leser bringen konnte. Alle Achtung dafür.

„STAAT X – Wir haben die Macht“ ist eine Reflektion der dunkelsten Seiten unserer Gesellschaft, aufbereitet für jugendliche Leser. Der Pageturner zeigt wie Menschen ticken oder ticken könnten. Er zeigt unsere dunkelsten Antrieben aber auch das Potenzial des Guten. „STAAT X“ sollte zur mit zur Schullektüre gehören, denn es gibt nur wenige Bücher, welche die Botschaft so gekonnt vermitteln können.

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