Beinahe Herbst

Mit „Beinahe Herbst“ hat der Arctis Verlag im September diesen Jahres ein weiteres Buch veröffentlicht, das aufrütteln soll. Erinnern.

Sonja wartet auf ihre jüngere Schwester Ilse. Sie hätte längst zu Hause sein sollen. In Oslo fällt der erste Schnee. Plötzlich klopft es an der Tür. Draußen stehen drei Polizisten. Es ist das Jahr 1942.

So schlicht das Cover gehalten ist, so gewaltig ist der Inhalt des Romans. Marianne Kaurin hat einen Schreibstil, der die Tragweite der Handlung noch unterstreicht. Hierzu braucht es keine großen Worte oder überschwänglich transportierte Emotionen. Der klare einfache Stil packt den Leser bereits nach wenigen Kapiteln. Er mag zunächst etwas befremdlich wirken, doch im Nachhinein betrachtet hätte er für dieses Buch nicht anders sein dürfen. Es hätte weniger echt gewirkt.

Quelle: Pixabay

Kaurin beschreibt ihre Figuren eher minimalistisch. Wir als Leser erhalten alle notwendigen Informationen um uns in die jeweilige Person einfühlen zu können. Wir lernen Ilse kennen, ebenso wie ihre ältere Schwester Sonja. Ihren Vater. Ihre Mutter. Aber auch einige Nachbarn. Während die Sichtweisen von Ilse und Sonja eher jugendlich und von Träumen sowie der ersten Liebe geprägt sind, zeigt sich in der Darstellung des Vaters die ganze Tragweite der Situation in Norwegen. Es ist berührend wie er versucht seine Familie zu beschützen, so gering seine Möglichkeiten auch sind.

Die Angst, das Gefühl, dass sie Ausgestoßene sind, hat sich schleichend eingestellt. Mit den Radios fing es an. Sie mussten die Geräte vor allen anderen abliefern.

Zitat S. 58

„Beinahe Herbst“ ist rein fiktiv, wirkt in seiner Darstellung allerdings erschreckend authentisch. Seine Basis sind (natürlich) tatsächliche Ereignisse, doch das ist allenfalls ein Fakt am Rande. Ich glaube der Roman hätte nicht mitreißender, erschreckender sein können, wenn es reale Personen gewesen wären. Ihr Schicksal gab es in dieser Form zuhauf unter den Juden – nicht nur in Norwegen. „Beinahe Herbst“ rüttelt einmal mehr wach, ruft in Erinnerung, lässt nicht vergessen.

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