Und es wird "Sommer, Schwester"

Woran denkt ihr bei dem Titel? An Sommer? Urlaub? Leichte Unterhaltung? All das ist dieses Buch nicht! Oder vielmehr nur am Rande. Mit „Sommer, Schwester“ geht der Arctis Verlag mal wieder einen ganz neuen Weg in Sachen Endzeit-Story. Warum? Hier ist alles so gestaltet, wie es tatsächlich passieren könnte. Das macht diesen Roman so erschreckend wie gut.

Schweden ist vom Krieg verwüstet, die einst staatliche Ordnung ist nur noch eine blasse Erinnerung. Die Geschwister Anna und Erik begeben sich auf ihre Reise durch endlose Kiefernwälder, und überall lauert Gefahr. Anna, die ältere, ist eine furchtlose Elitesoldatin und Kämpferin; der siebzehnjährige Erik, der Beobachter und Erzähler, weicht nicht von ihrer Seite. In einer Welt, in der es ums nackte Überleben geht, begegnen die beiden anderen Schicksalen. Und sie müssen erkennen, dass sie niemandem vertrauen können außer sich selbst.

„Sommer, Schwester“ von Jerker Virdborg ist definitiv kein Buch wie jedes andere. Es ist geschrieben aus der Perspektive von Erik, einem siebzehnjährigen Jungen, der von seiner Schwester als „jung, aber nicht auf die Art“ beschrieben wird. Sein Erzählstil ist eine Aneinanderreihung von erlebten Situationen und Rückblicken. Das ist zunächst verwirrend, macht aber auch die Besonderheit dieses Buches aus.
Regeln zum Überleben
Der Inhalt des Romans lässt sich im Grunde schnell zusammenfassen: das nackte Überleben, nach einem Krieg, der Schweden nicht nur einfach auf den Kopf gestellt sondern landschaftlich wie gesellschaftlich zerstört hat. Die Naivität, mit der Erik die verschiedenen Situationen darstellt, mag deren Wirkung oberflächlich gesehen abschwächen. Wer jedoch dahinter guckt, wird nicht nur einmal schockiert werden.

Und in den beiden Bombennächten hielt Anna mich fest an beiden Händen, viele Stunden lang, ohne loszulassen. Unsere Hände flossen ineinander. Ich sah sie so lange an und schaute zu, wie unsere Finger sich ineinander verflochten, dass ich am Ende nicht mehr sagen konnte, wo ihre endeten und wo meine anfingen.

S. 19

Erik ist gerade einmal 17, auch wenn das während des Lesens mehrfach vergessen gerät. Seine Schwester ist zwar älter als er, dennoch ist ihre Haltung und Stärke in dieser Situation fast schon erschreckend. Vom einen auf den anderen Tag stehen sie ohne ihre Eltern da, während um sie herum die Welt zusammenbricht. Wem können Sie noch trauen? Wie können Sie überleben? Anna hatte das Glück bereits frühzeitig im Rahmen des Krieges eine umfassende Ausbildung zu bekommen, die ihnen beiden nun zu Gute kommt. Sie wurde nicht einfach zur Soldatin ausgebildet, sie gehörte zur Elite. Sie hat überlebt, weil sie abwarten und Ruhe bewahren kann. Sie lässt sich nicht von ihren Emotionen, sondern von ihrem Verstand leiten – zumindest meistens.

Natürlich wollte ich nicht. Aber sie starrte mich mit ihren scharfen Augen an.
Dieser Blick.
Ich musste es tun.

S. 72

„Sommer, Schwester“ ist kein Roman für zwischendurch. Es hat Hand und Fuß, ist zwischendurch erschreckend und dann wieder recht poetisch. Ich persönlich habe etwas Zeit gebraucht um ins Geschehen zu finden. Etwa ab der Mitte des Buches nimmt es dann jedoch plötzlich an Fahrt auf. Mit Jacob, der zu einem Weggefährten wird, ändert sich etwas in Eriks Stimmung. Er selbst scheint sich zu verändern, was er bereits kurz darauf auch selbst thematisiert. Wo ich anfangs Schwierigkeiten hatte, konnte ich nun nicht schnell genug weiterlesen.


„Sommer, Schwester“ *
Jerker Virdborg
Arctis Verlag

3 Replies to “Und es wird "Sommer, Schwester"

  1. Also der Titel lässt ja vielleicht etwas fröhliches vermuten aber in Verbindung mit dem Coverbild regt es direkt zum nachdenken an. Das Buch macht mich auf jeden Fall neugierig. Bin gespannt, wie es mir gefallen wird. Danke für den Tipp!
    Liebe Grüße,
    Verena

  2. Wow, das klingt nicht nach leichter Lektüre. Aber das finde ich ja erst interessant! Danke für die Rezension, ich bin echt neugierig auf das Buch.
    Lieben Gruß, Bea

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