Neuland

Neuland von Eshkol Nevo wurde mir vom Deutschen Taschenbuch Verlag empfohlen. Ich hatte dort nach anderen Büchern gefragt, die sich mit Stoner messen lassen können. Stoner ist für mich eines der beeindruckendsten Bücher 2013 und ein fast schon unscheinbares aber nicht minder festes Highlight in meinem Regal. Nun wollte ich unbedingt etwas anderes, vergleichbares, tiefgehendes und mitreißendes Lesen. Allerdings wusste ich nicht was und habe daher einfach einmal um eine Empfehlung gebeten, das Ergebnis: Neuland.

Als sich Menis Spur in Südamerika verliert, ist das für seinen Sohn Dori ein nicht unwillkommener Anlass, Frau und Kind zu Hause in Tel Aviv zurückzulassen und sich selbst auf die Suche nach dem Vater zu machen. Auch Inbar, eine junge, ehrgeizige angehende Journalistin, setzt sich ab: Nach dem misslungenen Versuch, mit ihrer Mutter in Berlin ins Reine zu kommen, bucht sie ihr Rückflugticket kurzerhand nach Peru um. Der Zufall führt Dori und Inbar zusammen, zwei Menschen, die, verstrickt in ihre jeweilige Geschichte, nach Aufrichtigkeit und Freiheit suchen, auch wenn das erklärte Ziel der Reise, zu der sie gemeinsam aufbrechen werden, zunächst ein anderes ist …
Die Geschichte ist komplex, vielschichtig und ungemein vollgestopft mit Informationen, Emotionen und Eindrücken. Schon der Klappentext zeigte, dass es sich bei Neuland keinesfalls um ein „einfaches“ Buch handelte, dass ich mal eben so lesen würde. Aber das wollte ich auch nicht und umso gespannter war ich darauf es zu lesen. Ich kam nur langsam voran, aber das hat mich nicht gestört. Auf Twitter wurde ich aufgrund meines langsamen Vorankommens schon gefragt, ob das Buch so anstrengend sein. Nein, das ist es nicht und ich finde es auch jetzt nicht anstrengend.
In Neuland erzählt Eshkol Nevo die Geschichte von vielen Personen. Er zeigt ihre Familiengeschichte, ihre Probleme, Sichtweisen und Ziele. Nebenbei sind sie alle miteinander verwoben, mal mehr mal weniger. Zusätzlich fließen immer wieder verschiedenste geschichtliche Ereignisse ein, die nicht als historischer Fakt, sondern vielmehr als Gefühl auftreten.
Ja, liebe Schüler, ihr müsst immer bedenken, dass die Geschichte in der Regel von den Siegern geschrieben wird, deshalb lohnt es sich, misstrauisch zu sein.
Zitat Seite 67
Dieses Zitat habe ich schon einmal an anderer Stelle gehört oder gelesen. Leider weiß ich gerade nicht mehr wo genau, doch in diesem Buch hat sich dieser Satz förmlich eingebrannt. Er hat mich zum Anhalten gebracht, zum Nachdenken… Das gesamte Buch ist wie eine Welle an Emotionen und Informationen, doch nicht etwa wie „Ein ganzes halbes Jahr“, dass sicherlich viele von euch kennen und das als eines der emotionalsten Bücher des Jahres gesehen wird. Neuland quillt über vor Nachdenklichkeit und Tiefgründigkeit. Stoner hatte mich mitgerissen in eine andere Welt, begeistert und angesprochen doch dieses Buch macht mich einfach sprachlos. Noch immer sitze ich davor und versuche die Eindrücke zu verarbeiten um diese Rezension zu schreiben.
Jeder Mensch hat eine begrenzte Menge von Wörtern, die er von den Göttern bekommt, die darf man nicht verschwenden, die Wörter, sonst hat man keine mehr, wenn man sie wirklich braucht.
Zitat Seite 145

Ihr seht vielleicht schon an den Zitaten aus dem Buch, dass ich noch immer nachdenklich bin. Anders kann ich es nicht beschreiben. Ich wurde als Leser nicht erdrückt oder niedergewalzt von der Schwere der Informationen und Eindrücke, keinesfalls. Doch muss jedem klar sein, dieses Buch ist nicht unbedingt eine Kost für zwischendurch. Neuland ist ein Buch für Buchliebhaber, die um Eindrücke willen lesen. Hier geht es nicht um Fantasy oder einen Urlaubsflirt, hier geht es um Familie, Geschichte und Zusammenhalt. Ein großartiger Roman, der in seiner Komplexität und Vielschichtigkeit brilliert. Er ist sicherlich nicht für jeden empfehlenswert, dennoch würde ich ihn jedem ans Herz legen. Neuland sollte man unbedingt gelesen haben und wenn nicht heute, dann vielleicht im nächsten Jahr. Von mir gibt es jedenfalls die vollen fünf Sterne 🙂

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