John Williams – Stoner

Auf dieses Buch wurde ich aufmerksam, durch eine Twitter Aktion des Deutschen Taschenbuchverlags. Es wurde ein Buch verlost und ich landete erst einmal auf der Seite zum Special. Hier wurde Stoner vorgestellt und hoch gelobt als einer der vergessenen Geheimtipps und zukünftigen Bestseller. Nun ja alles Werbung dachte ich, doch mein Interesse war geweckt. Ich habe nun bereits eine ganze Weile keine handfeste Lesekost mehr verschlungen und so war es doch wieder an der Zeit. Also versuchte ich mein Glück – genau ein einziges Mal und was soll ich sagen, ich gewann direkt! Nochmal danke an meine Glücksfee beim Verlag 😉

Nun hieß es natürlich warten, doch schon am vergangenen Sonntag kam Stoner bei mir an und so begann direkt das Lesen. Stoner ist ein einfacher Mann, der für jedes Detail seines Lebens hart arbeiten muss.
Stoners Kollegen, die ihn zu seinen Lebzeiten nicht besonders schätzten, erwähnen ihn heutzutage nur noch selten: Den Älteren bedeutet sein Name eine Erinnerung an das Ende, das sie alle erwartet, für die Jüngeren ist er bloß ein Klang, der ihnen weder die Vergangenheit näherbringt noch eine Person, die sich mit ihnen oder ihrer Karriere verbinden ließe.
Zitat Seite 7/8
Der Einstieg ins Buch war für mich etwas befremdlich. Die Hauptperson ist tot, eigentlich irgendwie eigenartig, da dies in gewisser Weise das Ende vorweg nimmt. Im Nachhinein muss ich jedoch sagen, fasst dieses Intro die Person Stoner wunderbar in einigen wenigen Sätzen zusammen. Leider merkt man dies als Leser jedoch erst wenn man sich durch die ersten Seiten gelesen hat. Es ist ein kleines Manko, der diesem Buch allerdings wenn überhaupt nur minimal abträglich ist.
Die ersten sind gefühlt dennoch recht schnell vorbei und umfassen die ersten Jahre von Stoners leben. Es liest sich ähnlich einer Biografie in abgespecktem Maße mit einigen Einblicken ins Detail. Das eigentliche Interesse des Autors liegt später auf der Zeit Stoners am College, das mehr und mehr zu seiner Heimat wird. Hier kommt er als einfacher Mann her mit einigen wenigen Kleidern, die er täglich zum Unterricht trägt. Das macht ihn in gewisser Weise zu einem Kuriosum, doch schon jetzt zeigt sich die Hartnäckigkeit der Hauptperson. Zu diesem Zeitpunkt hat mich Williams auch für seinen Protagonisten eingenommen. Er ist geradlinig und bodenständig, erhofft sich scheinbar nicht viel und erreicht dennoch einiges durch harte Arbeit.
„Es ist Liebe, Mr. Stoner“, erwiderte Sloane fröhlich. „Sie sind verliebt. So einfach ist das.“
Zitat Seite 29
Diese Worte sind einige der wichtigsten im Buch. Sie verdeutlichen Stoner, dass er Lehrer ist ohne es bereits zu sein und es daher sein sollte. Doch markierten sie auch für mich eine wichtige Stelle: Bei diesen Zeilen war ich ebenfalls bereits verliebt in dieses Buch und wusste es eigentlich gar nicht. Es fiel mir irgendwie erst später auf, doch die Seite flogen nur noch so dahin und wurden verschlungen. Ein herrliches Lesegefühl in einer ganz anderen Epoche – himmlisch.
Es ist allgemein so, dass im Buch einige Zitate und Anspielungen verpackt sind, deren Bedeutung beim Lesen auf den ersten Blick gar nicht erkenntlich ist. Erst einige Seiten später habe ich teilweise begonnen zu verstehen und gerade das hat mich immer wieder an „Stoner“ fasziniert. Man liest es gefühlt fast nebenbei, versinkt dabei allerdings in einer Tiefe, die jeder andere leicht lockere Roman nie erreicht hatte. Dieser Schreibstil und der Aufbau des Romans gleicht einer Kunst. Die Geschichte ist wie ein Netz, fein gesponnen mit einzelnen Fäden, die teilweise ganze Seiten überspringen um doch wieder zusammenzulaufen. Einfach wunderbar.
Stoner sagte: „Ich bin in so etwas nicht besonders gut, oder? Seien Sie nachsichtig mit mir. Jemandem wie Ihnen bin ich noch nie begegnet, und deshalb rede ich dummes Zeug…“
Zitat Seite 69

Wie wahr… Doch ich will mich jetzt nicht weiter in Ausschweifungen ergehen. „Stoner“ muss man kennenlernen und ich wage zu behaupten, man wird begeistert sein. Sicherlich ist er mit keinem der heutigen Bücher vergleichbar, doch einen John Williams mit einem der heutigen Autoren zu vergleichen ist ähnlich schwierig denke ich. Von daher möchte ich auch keine Vergleiche ziehen, sondern lediglich eine unbedingte Leseempfehlung aussprechen. Stoner ist ein grandioses Buch, das von mir nun nach anfänglichen Bedenken doch die volle Punktzahl von 5 Sternen erhält. Nun gut, anfänglich dachte ich an 4,5 aber beim Grübeln über der Rezension, ist mir der halbe Punkt dann doch irgendwie ungerechtfertigt gewesen.
Noch eines zum Abschluss: Was wird euch erwarten? Eine einmalige Geschichte, packend und nachdenklich erzählt. Sie hat Tiefgang und lebt durch den langsamen, verwobenen Aufbau. Es ist eine Romance und doch gleichzeitig eine zerrüttete Beziehung, gekonnt verbunden und beeindruckend erzählt. Lasst euch überraschen, meine Erwartungen hat „Stoner“ jedenfalls weit übertroffen!

2 Replies to “John Williams – Stoner

  1. Wow! Deine Rezension spricht ja wirklich durch und durch für das Buch und ich freue mich umso mehr es bald in meinen Händen halten zu dürfen. Bin echt aufgeregt 😀
    Liebe liebe Grüße
    Bröselchen 🙂

    1. Ja es hat mich auch echt umgehauen, damit hatte ich eigentlich gar nicht gerechnet. War erst recht skeptisch aber dann umso erfreuter, weil es sich wirklich gut lesen ließ 🙂
      Gruß
      Annett

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