Goldfields – Izabelle Jardin
Robin ist eine erfolgreiche Frau. Sie ist selbstbewusst, intelligent und weiß was sie will. Ihr Leben könnte nicht besser sein. Ihr Mann ist ebenso erfolgreich und ihr kleiner Sohn macht ihr jeden Tag Freude. Man könnte allerdings sagen, sie und ihr Mann würden zu viel arbeiten. Sie würden sich vielleicht sogar nur durch ihre Arbeit definieren. Natürlich reißt es da ein großes Loch in Ihr Leben, als Robin die angestrebte Beförderung nicht erhält.
Robin kündigt aus einem Impuls heraus, denn der einzige Grund, der gegen Ihre Beförderung sprach, war die Kombination aus ihrem Alter und ihrem Geschlecht. Man ging schlichtweg davon aus, dass sie weitere Kinder wollte und damit nicht für eine leitende Position geeignet war.
Wieder einmal hatte ich bei der Entscheidung, ob ein männlicher Kollege oder ich, eine Frau im gebärfähigen Alter, den leitenden Posten bekommen sollte, den Kürzeren gezogen. Der Tonfall, den der Uniformierte auf der anderen Seite des gewaltig dimensionierten Schreibtisches anschlug, als er diesen Punkt – natürlich politisch korrekt – wie nebenbei ins Feld führte, hatte beinahe etwas von Verachtung gehabt. Als sei ich stigmatisiert, als trüge ich ein flammendes „F“ (für „Achtung, fortpflanzungsfähig!“) auf der Stirn.
Zitat S. 6
Mit „Goldfields“ wählt Izabelle Jardin einmal mehr die Darstellung starker Frauencharaktere. Robin hat in der Vergangenheit gezeigt, wozu sie fähig ist und was sie erreichen könnte, wenn man sie ließe. Ihre Kündigung in Reaktion auf die verweigerte Beförderung war zwar impulsiv aber auch mutig und einfach richtig.
Neben Robin muss natürlich auch Beatrice Ames erwähnt werden. Im London 1851 kämpft sie gegen Kinderarbeit und Misshandlungen. In ihrem Bruder hat sie keinen Unterstützer. Er gehört zu jenen, die Waisenkinder ausbeuten und im Elend leben lassen. Das macht es nicht einfach, sich durchzusetzen. Vor dem Gesetz ist sie zu jener Zeit eben nur eine Frau und damit immer ihrem Mann oder dem Oberhaupt ihrer Familie untergeordnet.
Zweifellos, darüber war Beatrice sich völlig im Klaren, war niemand gekommen, um ausgerechnet einer Frau dabei zuzuhören, wie sie aufrührerische Brandreden hielt. Wider die negativen Auswirkungen der rasant fortschreitenden Industrialisierung, wider die Massenverelendung der Arbeiterklasse, wider deren Ausbeutung, wider katastrophalen hygienischen Verhältnisse in den Slums der Stadt, wider extrem hoher Kindersterblichkeit, wider…
Zitat S. 39
Jardin erzählt in zwei Zeitebenen – der Gegenwart mit Robin und in der Zeit von Beatrice. So lernen wir als Leser beide Frauen kennen. In welcher Zeit wir uns jeweils befinden, wird durch Überschriften deutlich aber auch durch die Darstellung. Das macht es einfacher dem Geschehen zu folgen. Doch man muss sich darauf einlassen.
Jardin wählt einmal mehr ein mitreißendes Setting. Sie zeigt sowohl die guten wie eben auch die negativen Seiten – insbesondere im London des 19. Jahrhunderts. Wer zu dieser Zeit nicht zum wohlhabenden Bevölkerungsteil gehörte, hatte es schwer. Waisen waren der Abschaum der Gesellschaft. Um sie kümmerte man sich in entsprechenden Einrichtungen, doch oft fragte man sich, ob es ihnen hier wirklich besser ging als auf der Straße.
Ich mag Jardins Stil. Er ist packend und fesselnd ohne dem Leser etwas vorzumachen. Dadurch ist es leicht sich auf Handlung und Hintergrund einzulassen. Wieder einmal ein mitreißender Roman, der nicht nur Fans der Autorin überzeugen dürfte.