Der Würfel – wenn Software dein Leben bestimmt

Als ich erstmals vom neuen Buch „Der Würfel“ von Bijan Moini erfuhr, war ich irritiert. Der Titel ist eher nichts sagend, das Cover dagegen ansprechend. Auch wenn es sehr minimalistisch ist, so weckte es doch direkt meine Neugier. Ich musste einfach wissen worum es ging.

Unsere Wirklichkeit wird mehr und mehr von künstlicher Intelligenz geprägt. Dieser brillante Roman erzählt auf packende Weise, wohin uns diese Entwicklung führt: in ein sorgenfreies Leben, über das der perfekte Algorithmus herrscht, genannt »Der Würfel«.


Die nahe Zukunft. Deutschland wird von einem perfekten Algorithmus gesteuert: Der »Würfel« ermöglicht den Menschen ein sorgenfreies Leben, zahlt allen ein Grundeinkommen, erstickt Kriminalität im Keim. Um das zu leisten, sammelt er selbst intimste Daten der Bevölkerung. Berechenbarkeit ist zum höchsten Gut geworden. Einer der wenigen Rebellen gegen dieses System ist der 28-jährige Taso. Mit großem Aufwand entzieht er sich der Totalerfassung, täuscht den Würfel über seine Vorlieben und Gedanken, indem er seine Entscheidungen mithilfe von Spielwürfeln und einer Münze trifft. Er ist ein »Gaukler«, einsam, aber zufrieden. Doch dann bekommt er Besuch von einer jungen Frau: Dalia ist aus einer rückständigen Sekte geflohen und wünscht sich nichts sehnlicher als ein Leben in der schönen Welt des Würfels. Taso verliebt sich in sie, gerade als der Widerstand ihn rekrutieren will. Plötzlich steht er vor einer unmöglichen Entscheidung: Verrät er seine Ideale – oder eine ideale Welt?

Der Klappentext macht deutlich, was den Leser hier erwartet. Gleichzeitig weckte er bei mir auch die Faszination für dieses Buch. Ich wollte mehr über das System, seine Funktionsweise und die Hintergründe erfahren. Wie konnte das alles funktionieren. Würden die Menschen ein solch bestimmendes System tatsächlich akzeptieren? Der Gedanke ist an sich schwer vorstellbar, Moini zeigt jedoch wie es aussehen könnte.

„Außerdem belohnte der Würfel immer stärker den Kontakt zu Menschen, die einen hohen Score hatten, und zog Punkte ab, wenn man Gaukler und damit Chaos in sein Leben ließ. Wer sich dennoch zu ihm hielt, wurde von den anderen so lange mit Misstrauen und Unverständnis gestraft, bis auch er nachgab und den Kontakt zu Taso abbrach.“

Zitat S. 30

Im Mittelpunkt der Handlung stehen Taso und Delia. Sie leben fast gegensätzliche Leben, eigentlich. Mit Delias Flucht vor ihren Eltern und ihrer bisherigen Lebensweise, bringt sie allerdings den Alltag von Taso und damit auch seine Ideale gehörig ins Wanken. Sie ist begeistert von den Möglichkeiten des Würfels. Der Schutz ihrer Daten – egal wie persönlich – rückt dabei schnell in den Hintergrund.

In seinem neuen Roman „Der Würfel“ zeichnet Bijan Moini ein erschreckendes Gesellschaftsbild. Das Leben der Menschen wird von einem Computer bestimmt. Apps nehmen Eingriff auf alle Lebenssituationen, treffen Entscheidungen für den Nutzer und sammeln kontinuierlich seine Daten. Der Schreibstil ist klar und eindrucksvoll. Es ist erschreckend mit welcher Nüchternheit die Funktionsweise des Systems geschildert werden. Immer wieder werden Ideen angerissen, die es so oder in ähnlicher Form bereits in Ansätzen in der Realität gibt.

Datenkrallen und Datensammler sind jedem von uns bewusst. Auch die Beschreibung des ständigen Protests gegen die steigende Datensammelwut einiger Systeme ist uns wohl allen nur zu bekannt. Ein System wie in „Der Würfel“ scheint dennoch weit entfernt. Es ist trotz allem befremdlich. Die klare und erschreckend vorstellbare Darstellung rüttelt auf, regt zum Nachdenken an und verleitet den Leser zum Nachdenken. Wie bereitwillig geben wir unsere Daten her? Würden wir wirklich von der totalen Datenübernahme profitieren? Moini zeigt klar auch Nachteile auf – alles verpackt in einer ansprechenden und mitreißenden Handlung rund um die beiden Hauptfiguren. „Der Würfel“ von Bijan Moini ist ein erschreckend vorstellbarer Blick in eine mögliche Zukunft. Vielleicht macht das diesen Roman auch so gut? Fakt ist: Ihr solltet ihn unbedingt lesen!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert