„Der Übungseffekt“ von David Brin aus dem Heyne Verlag verspricht eine faszinierende Grundidee. Werkzeug werden hier nicht mit jedem Gebrauch schlechter, ganz im Gegenteil, sie werden besser. Aus einem einfachen Steinwerkzeug kann so bei regelmäßigem Gebrauch eines der besten Werkzeuge werden.
Dem Physiker Dennis Nuel gelingt es, in eine Parallelwelt vorzustoßen. Sie ähnelt der unseren auf erstaunliche Weise, nur scheinen dort ein paar unserer vertrauten Naturgesetze keine Gültigkeit zu besitzen: Schwerter werden nicht stumpf, wenn man sie benutzt, sondern schärfer; Werkzeuge nutzen sich nicht ab, sondern erreichen erst nach und nach ihre volle Effektivität. Dieses Phänomen wird als „Übungseffekt“ bezeichnet, doch was – oder wer – löst es aus?
Die Grundidee ist einfach wie faszinierend und ermöglicht dem Autor zahlreiche Wege in der Gestaltung. Schon beim Lesen des Klappentextes war ich einmal mehr überrascht, welche Wirkung allein mit einer banalen Änderung erzielt werden kann. Entsprechend gespannt war ich natürlich auf dieses Buch und hatte auch bereits so meine Erwartungen.
Es ist mein erstes Buch von David Brin und so konnte ich zumindest in dieser Hinsicht ohne Erwartungen an die Geschichte heran gehen. Ohne etwas vorweg zu nehmen kann ich bereits sagen, dass Brins Schreibstil sehr angenehm ist. Er ist keinesfalls kompliziert und doch detailliert genug um meinem Anspruch in Sachen SciFi zu genügen. Daher empfinde ich dieses Buch auch als gute Wahl für alle, die dieses Genre einmal ganz neu ausprobieren möchten.
Der Einstieg ins Buch ist beinahe normal und erinnerte mich ein wenig an meine eigene Zeit an der Uni. Ja ich habe in gewisser Weise etwas recht technisches studiert, auch wenn man es keinesfalls mit Physik als Studienfach vergleichen kann. Dennoch gab es einige Vorlesungen, die Dennis Nuels Vorlesung Konkurrenz machen konnten. Gewiss ist jedoch, dass ich seine Eindrücke und Gefühle beim Vorlesungsbesuch mehr als gut nachvollziehen kann. Dadurch fiel mir der Einstieg natürlich entsprechend leicht, denn es ist immer etwas anderes, wenn man die Situation selbst kennt.
Die Handlung selbst plätschert zu diesem Zeitpunkt noch etwas dahin. Wirklich interessant wird es eigentlich erst ab der Rückkehr in Labor 1 und der Offenbarung, dass Nuel für die Nachfolge des aktuellen Leiters vorgesehen ist. Das hat natürlich seine Hintergründe, dafür empfehle ich euch allerdings das Buch zu lesen, da es hier zu weit führen würde 😉
Der erste Eindruck der Alternativwelt ist fast schon normal. Erst mit der weiteren Erkundung zeigen sich die Unterschiede. Hier muss ich sagen, dass ich Nuel teilweise schon für etwas begriffstützig gehalten habe. Er hat erschrecken lange gebraucht um die Zusammenhänge zwischen den Werkzeugen und dem sogenannten „üben“ zu erfassen. Vielleicht lag es aber auch daran, dass ich es bereits wusste in welche Richtung es geht. Dennoch empfand ich es als störend, da diese Begriffstutzigkeit für mich nicht zu einem studierten Doktor der Physik passte.
Schaut man darüber jedoch hinweg – bzw. hat Nuel es erst einmal begriffen – kommt die Handlung so richtig in Gang. Eine spannende Handlung gepaart mit einer kleinen Liebesgeschichte ziehen den Leser durch das Buch. Ich glaube „Der Übungseffekt“ ist das erste Buch im SciFi-Genre, dass ich in knapp 2 Tagen gelesen habe. Ein weiterer Grund, warum es sich auch für Genre-Neulinge eignet. Zum Abschluss des Buches gibt es zudem noch eine Überraschung, mit der ich nicht gerechnet hatte. Hier zeigt Nuel dann letztlich doch einmal seine Intelligenz 😉
Insgesamt ist „Der Übungseffekt“ ein unterhaltsames SciFi Abenteuer, dass sich für Anfänger und Abwechslung suchende Genrekenner eignet. Es ist nicht zu hoch gefasst und dabei unterhaltsam genug um für den Leser nicht langweilig zu werden. Dafür vergebe ich gute 4.5 Sterne. Den halben Punkt Abzug gibt es lediglich für die etwas nervige Begriffsstutzigkeit Nuels zu Beginn des Buches.