Es wird keine Helden geben – Freundschaften nach traumatischen Erlebnissen

Gestern habe ich euch ja bereits das Buch „Es wird keine Helden geben“ von Anna Seidl, erschienen im Oetinger Verlag, vorgestellt. Es hat mich wirklich sehr beeindruckt dieses Buch und regte zum Nachdenken an. Im Rahmen einer Bloggeraktion des Oetinger Verlages setzen sich nun zahlreiche Blogger mit unterschiedlichen Gedanken, Fragen und Ideen zum Buch auseinander. Ich für meinen Teil habe direkt das Thema Freundschaften für mich erkannt, denn mal ehrlich: Die Betroffenen spielen in solchen Momenten oft die Hauptrolle. Auch Eltern und Familie haben es in dieser Situation oft nicht leicht und brauchen Unterstützung. Ein Punkt wird jedoch oft vergessen: Die Freunde von Opfern oder Überlebenden. Wie gehen sie damit um? Wie können sie damit umgehen? Wie sehen das die Betroffen und welche Freundschaften sind jetzt besonders hilfreich? Gibt es überhaupt Unterschiede?

Je mehr ich über dieses Thema nachgedacht habe, desto vielseitiger wurden die Fragen. Im Buch „Es wird keine Helden geben“ versteckt sich Miriam mit ihrer besten Freundin auf dem Jungenklo. Das ist für beide ganz selbstverständlich, denn sie vertrauen einander blind. Gemeinsam gehen sie hier durch die Hölle doch wie geht es weiter?
Die Sekunden scheinen sich zu dehnen. Feige, wie ich bin, schließe ich die Augen, kneife sie ganz fest zu, auch wenn das nichts besser macht. Joanne greift nach meiner Hand und drückt sie so fest, dass sich die Knochen verschieben. Ich lausche den Schritten.
Zitat Seite 12
Ich habe mal ein wenig recherchiert um Ansätze zur Antwort auf einige der gestellten Fragen zu finden. Dabei wurde nur noch deutlicher: Der Fokus liegt immer auf den Betroffenen und deren Familie. Freunde und Bekannte bleiben hier oft außen vor. Mir stellte sich jedoch noch eine viel wichtigere Frage: Sind Freunde nach einer solchen Situation hilfreicher in der Verarbeitung der Erlebnisse? Wie verhält es sich mit Fremden oder auch mit neuen Freunden aus Therapiegruppen oder ähnlichem?
Bestehende Freundschaften werden in jedem Fall auf eine Probe gestellt. Ich denke das ist uns allen klar, denn ähnlich der Familie müssen auch die Freunde hier lernen damit umzugehen. Wie verhält man sich, was kann oder sollte man sagen? Ein Patentrezept für eine solche Situation gibt es nicht, da sind sich alle einig. Jeder Mensch ist anders und so verarbeitet auch jeder unterschiedlich. Im Buch ist es eine Mischung aus Familie, Freunden und neuen Freunden, die Miriam mal mehr mal weniger zur Seite steht. Am einfachsten ist es dabei sicherlich für die neuen Freunde, denn sie lernen die betroffene Person erst nach dem Ereignis kennen. Sie haben sich verändert, was sie für alte Freunde und Familie schwieriger zu händeln macht – für neue Freundschaften aber einfach sein kann. Dennoch bleibt auch hier oft die Frage nach der richtigen Reaktion – gibt es sie überhaupt?
Ich habe mich mit Freunden und Bekannten zu diesem Thema unterhalten. Das für mich etwas überraschende: Jeder wollte mitreden, hatte eine Meinung dazu. Heute wird an vielen Schulen Prävention betrieben. Es gibt Verhaltensregeln, Hotlines, Beratungen und vieles mehr. Während das eine in der Situation selbst helfen soll, richtet sich letzteres auch an Freunde von Betroffenen. Das finde ich gut, denn hier haben auch sie die Möglichkeit Fragen zu stellen. Das ist wichtig, denn oft sind auch die Freunde völlig mit der Situation überfordert.
Wie wichtig Freunde nach einem traumatischen Erlebnis sind, zeigt Anna Seidl auch in ihrem Buch. Auch wenn sich die Hauptperson zunächst komplett abschottet, so sind es letztlich auch die Freunde, die einen wesentlichen Teil zur Rückkehr in die Normalität beitragen. Dabei spielen sowohl jene Freunde eine Rolle, die wie sie zu den Betroffenen gehören, aber auch neue Freunde. Es ist nicht einfach mit anderen darüber zu reden, denn so sehr man es sich vielleicht wünschen mag, passende Worte gibt es selten bis gar nicht. Der innere Zwiespalt wird im Buch gut beschrieben. Er wirkt manchmal etwas chaotisch, doch genau so kann es ablaufen.
Das Problem für Betroffene liegt jedoch auch in der Schwierigkeit sich zu öffnen und vom Erlebten zu erzählen. Das betrifft sowohl bestehende wie auch neue Freundschaften. Es ist einerseits die Angst, den jeweils anderen zu belasten, andererseit jedoch auch das Bild, dass diese von einem selbst dann haben könnten. Ich habe hierzu in entsprechenden Foren recherchiert und mit einigen Menschen gesprochen, die diese Seite der „Verarbeitung“ erlebt haben. Der Wunsch über ein traumatisches Erlebnis zu reden ist oft da, nicht immer sofort, doch mit der Zeit. Jeder hat hierbei andere Erfahrungen gemacht, wem er sich besser öffnen kann. Im Ergebnis zeigt sich also: Freundschaften sind wichtig – sowohl neue wie auch bestehende – um mit einer solchen Situation umzugehen.
Ihr interessiert euch auch für das Buch? Dann lest hier meine Rezension 🙂 Die Leseprobe zum Buch gibt es übrigens hier.
Es gibt übrigens noch zahlreiche weitere Beiträge zum Buch – neben den Rezensionen. Weitere Beiträge zum Thema Freundschaft gibt es übrigens hier:
Süchtig nach Büchern
Sarahs Bücherwelt
Lielan reads
Eine ausführliche Übersicht könnt ihr beispielsweise auf kasasbuchfinder.de einsehen 🙂
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3 Replies to “Es wird keine Helden geben – Freundschaften nach traumatischen Erlebnissen

  1. Das Thema Freundschaft + Amok ist wirklich schwierig. Das Problem für Freundschaften besteht meiner Meinung nach hauptsächlich in den unterschiedlichen Bewältigungsstrategien. Der eine kann über solche Schocksituationen sofort reden, die meisten können es allerdings nicht.

    1. Da hast du allerdings recht. Im Buch ist es das Beispiel eines Amoklaufes, doch auch viele andere Erlebnisse können zu ähnlichen Problemen führen. Viele Therapien bauen jedoch auch darauf auf, dass Betroffene sowohl in ihrer Familie und auch im Freundeskreis Unterstützung finden. Das ist gut, ich finde es jedoch oft problematisch, da Freunde – je nachdem ob sie von dem Erlebnis wissen oder nicht – überfordert sein können. Daher auch die Überlegung ob ggf. neue Freunde aus Selbsthilfegruppen u.ä. hier hilfreicher sind. Das ist allerdings eine Frage, die ich nicht zufriedenstellend beantworten könnte, denn beides ist irgendwie wichtig.

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