Der Herzschlag deiner Worte

Ein junger Musiker, der überraschend den Tod seines Vaters verkraften muss. Auf der Beerdigung trifft er seine Patentante nach mehreren Jahren erstmals wieder und schließlich begegnet ihm auch noch eine Frau, die er nicht vergessen kann. Klingt turbulent? Ist es auch.

Als der junge Musiker Alex vom plötzlichen Tod seines Vaters erfährt, wirft ihn das aus der Bahn. Auf der Beerdigung begegnet er seiner Patentante Jane zum ersten Mal und ist tief beeindruckt von der scheinbar unbekümmerten Lebensfreude der schwer erkrankten und an den Rollstuhl gefesselten Frau. Jane ist es, die Alex plötzlich neue Wege eröffnet. So führt sie ihn geradewegs in die Arme der temperamentvollen Jung-Autorin Maila, in die sich Alex Hals über Kopf verliebt.
Doch warum lässt Maila weder in ihren Geschichten noch im eigenen Leben ein Happy End zu? Und wieso wird Alex das Gefühl nicht los, dass Jane etwas verheimlicht? Und was hat all das mit seinem verstorbenen Vater zu tun?
Erst als sich Alex auf die Spuren alles Unausgesprochenen begibt, gelingt es ihm, zu erkennen, wie die unterschiedlichen Geheimnisse derer, die er liebt, miteinander verwoben sind. Kann er Maila mit diesem Hintergrundwissen davon überzeugen, dass doch noch alles gut wird?

Das Buch beginnt mit einem Gänsehautmoment. Vince bricht auf dem Golfplatz zusammen, Herzinfarkt. Das ist nicht nur für ihn sondern auch für seine Kinder überraschend. Warum Gänsehautmoment? Die Autorin beschreibt die Erfahrung des Todes aus der Sicht seines Geistes. Vince Seele löst sich von seinem Körper und beobachtet alles von oben. Diese Darstellung fand ich so schön und gleichzeitig traurig, dass ich schon nach den ersten wenigen Seiten von „Der Herzschlag deiner Worte“ begeistert war. Susanna Ernst hat zwar eine recht poetische Art gewählt um diesen Moment darzustellen, sich allerdings nicht im Kitsch verloren.



Fakten zum Buch
Titel: Der Herzschlag deiner Worte
Autor: Susanna Ernst
Verlag: Drömer Knaur
Seiten: 400
ISBN: 978-3-426-44435-1
Ausgabe: eBook – 9,99€*
weitere Ausgaben: broschiert – 9,99€*
Mehr zum Buch findet Ihr auf den Seiten des Verlags.


Ihr merkt, der Einstieg in den Roman hat mich begeistert. Wo andere Autoren mit einem Knall beginnen um den Leser direkt mitzureißen und nicht mehr loszulassen, hat Susanna Ernst eine Darstellung gewählt die eher nachdenklich stimmt und innehalten lässt. Dennoch muss man einfach weiterlesen. Ihr Schreibstil faszinierte mich direkt und glücklicherweise ließ diese Faszination auch auf den nachfolgenden Seiten zu keiner Zeit nach. Schnell hat Alex mich für sich eingenommen. Als alleinerziehender Vater steht er vor diversen Herausforderungen, zu denen natürlich seine kleine Tochter Leni gehört aber auch der Wunsch endlich wieder ein Lied zu komponieren. Vor Leni war er Mitglied einer Band, die gerade auf dem Treppchen zum internationalen Durchbruch stand. Von diesem Leben musste er sich mit dem Auftauchen seiner Tochter verabschieden, denn ihre Mutter hat sie quasi direkt vor seiner Tür „ausgesetzt“. Nun mag der eine oder andere Leser über diese Art von Mutter fluchen, doch ich sage euch: lest das Buch und ihr werdet verstehen.
Aber egal, zurück zu Hauptgeschichte. Ein ebenfalls nicht zu vernachlässigender Bestandteil ist Jane, die Alex‘ Patentante. Er hat sie über Jahre hinweg nicht mehr gesehen, da zwischen ihr und seinen Eltern aus einem ihm nicht bekannten Grund ein scheinbar unüberbrückbares Zerwürfnis steht. Schwer an ALS erkrankt steht Jane vor ganz anderen Herausforderungen in ihrem Leben. Da ihr auch das Sprechen zwischenzeitlich schwer fällt, greift sie ähnlich Stephen Hawking auf einem Laptop zurück.

„Das ist überrigens dasselbe System, das auch Professor Hawking verwendet.“
„Stephen Hawkign?“, hakt Markus unnötigerweise nach.
„Yep. Nur die stimmfunktion kann Jane absolut nicht leiden.“
Zitat Pos. 54

Es mag befremdlich erscheinen, dass sich Jane und Alex sich erstmals wieder auf der Beerdigung seines Vaters begegnen – worüber seine Mutter im Übrigen nicht wirklich begeistert ist. Dennoch ist es ein wichtiger Schritt in der Handlung. Jane mag ein Pflegefall sein, doch ihre Lebensfreude und ihr immer wieder aufblitzender Sarkasmus machten sie für mich zu einer der besten Figuren des Buches. Bevor ihr nun jedoch glaubt, dass sie und ihre Krankheit die Handlung schwermütig erscheinen lassen: Nein, sie gibt dem Roman vielmehr etwas Leichtigkeit und gleichzeitig Lebensweisheit. Es ist erstaunlich und wirklich bewusst wird mir das auch erst jetzt, wo ich diese Bewertung schreibe.
Die dritte wichtige Person des Buches ist Maila, eine Autorin von Büchern im Chick-Lit Romanen. Alex stößt eher zufällig auf ihre Bücher in Janes Regal, das sonst nur alte Klassiker aufweist. Sie stechen heraus und verwundern ihn. Durch Zufall begegnet er auf einer Litnight-Veranstaltung der Autorin, unterhält sich lange mit ihr und verbringt schließlich auch die Nacht in ihrer Wohnung. Sie ist eine faszinierende Frau und er tut etwas, mit dem er nicht gerechnet hätte: Er liest ihre Bücher. Eigentlich liebt er, wie sein Vater und seine Patentante, eher die Klassiker, doch er muss einfach mehr über Maila erfahren obwohl diese gesagt hat ihn nie wiedersehen zu wollen. Ihre „Beziehung“ zueinander ist das, was dem Buch vielleicht etwas Schwere gibt. Es ist klar, dass Maila eine eher schwierige Vergangenheit hat. Lange ist aber nicht klar woher das kommt oder wie sich das alles weiterentwickeln soll.

Doch dann, als Maila ankündigt, nun die letzte Frage zu beantworten, weil ihre Zeit bereits abgelaufen sei und der nächste Act schon warte, schnellt meine Hand wie von Schnüren gezogen hoch.
Erstaunt hebt Maila die Augenbrauen und zeigt auf mich. „Okay, dort drüben, der einzige Mann im Saal, bitte!“
Zitat Pos. 122

Der Schreibstil der Autorin ist großartig. Mit Witz und der richtigen Portion Gefühl beschreibt sie ihre Charaktere aber auch die einzelnen Situationen. Es gibt Momente, in denen ich schlucken musste, einige zum Schmunzeln und ja auch ein paar, in denen ich Tränen in den Augen hatte. Es ist ein sehr emotionales Buch, das durch die unterschiedlichen Sichtweisen von Alex wie auch Malia und die Ergänzungen von Vince seine Tiefe bekommt. Vince‘ Sicht ist kursiv vom Rest des Buches abgehoben, doch auch ohne diese sichtbare Unterscheidung wäre er herausgestochen. Er zeigt den zusätzlichen Aspekt der Geschichte, wichtige Hintergründe in der Vergangenheit und einige kleine Details, die es mir als Leser einfacher machen, alles zu verstehen. Mit dieser Aufteilung hat Susanna Ernst Händchen bewiesen. Ihr Roman ist gleichsam leicht wie unterhaltsam und in einigen Momenten mitreißend traurig. Eine gelungene Mischung, die ich nur jedem Romanliebhaber ans Herz legen kann. Ein großartiges Buch, das einfach gelesen werden muss!

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